Poetry Slam, 13.10.17
von Thomas Hensel

Gleich bei Ihrem Auftritt legt Sie los. Sophie Passmann, die Moderation dieses Abends bestreitend, fordert einen gewaltigen Auftrittsapplaus ein. Den bekommt Sie hier, heute Abend im KuB, das Sophie Passmann Ego ist auf Betriebstemperatur und was eine Temperatur hat diese Person! Vulkanös.
Sprudelnd witzig, wohltuend einfühlend, eröffnet sie uns den Blick auf das, was Poetry Slam ist: Ein literarischer Dichterwettstreit mittels selbstgeschriebener Texte, unter Einhaltung folgender Regeln – keine Requisiten, Zeitlimit für den Vortrag ca. 6 min., Texte müssen vom Vortragenden selbst verfasst sein, Zitate sind kenntlich zu machen und wir, das Publikum, bilden die Jury. Die alten Griechen feiern fröhliche Urständ: die Agora im KuB. Es gibt drei Gruppen à 3 Teilnehmern. Die da sind Gruppe 1 Stefan Unser (Malsch), Andreas Glunz (Denzlingen), Anna Teufel (Karlsruhe), Gruppe 2 bestehend aus Philipp Stroh (Offenburg), Hans-Joachim Berger ( Denzlingen), Samuel Kramer (Offenbach), Gruppe 3 mit Sarah Altenaichinger (Basel), Moritz Konrad (Karlsruhe) und Dirk Schindelbeck (Denzlingen).
Anna Teufel eröffnet die Wortschlacht mit einem Text über „unüberbrückbare Differenzen, eines Paares wohlgemerkt, welches streitend die Tage Ihrer Beziehung zu Ende bringen. Andreas Glunz versucht zu toppen mit einer Wortformation …gang, wie Müßiggang, Durchgang, Waschgang und nicht zuletzt eine körperfüllig geschützte Nonne im Kreuzgang. Stefan Unser baut seinen Text rund um Bildung und staatliche Bildungsdekrete. Sokrates wird mittels eines Zitats bedacht. „Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden“. Stefan Unser gelangt nach einer Tofu Wortabstimmung als erster Kandidat in die Endrunde. Danke Sophie Passmann für diese Abstimmungsvariante.
Philipp Stroh hat textlich ebenfalls eine Beziehungsproblematik am Laufen. Rainer und Klaus, einst in dasselbe Mädchen verliebt, treffen diese nach Äonen von Jahren in Ihrer Stammkneipe Eichenstube samt Wirtin Heidrun und Juke Box wieder. Vielmehr sehen Sie die Angeschmachtete, welche wiederum kein Wiedererkennungszeichen gibt. Schürzenjäger Jürgen, damals bereits erhört von Waltraud betritt die Szene. Aus. Hans-Joachim Berger, bisweilen chirurgierender Mediziner im Ruhestand, bemüht die Hochzeit des Figaro und die Lebensumstände kurz vor der 3. Ehelichung eines Barbiers im südostschweizerischen Graubünden. Echt witzig. Samuel Kramer hat es mit dem stummfilmerisch festgehaltenen Schienenstrang nach La Ciotat an der Mittelmeerküste. Filmische Frühzeit, eingefangen in Text. Er schafft es als 2. in die Endrunde. Pause. Drink.
Sarah Altenaichinger geht textlich in die Fauna, genauer Papageienwesen. Die inzwischen herangewachsene Papageiendame Loribet, leider gänzlich farblicher Pracht ledig, möchte den jährlichen Wettbewerb zum schönsten Tier des Zoos unbedingt gewinnen. Alle Körperpartien werden nach und nach mittels abstrusester Färbemittel koloriert. Aber der Regen kam… und trotzdem Preisträger. Wundervoll. Moritz Konrad versucht es mit einem Diskurs zu „ Pazifismus durch Ausschlußverfahren“. Freundin und der von Ihm ungeliebte Hund der Freundin sollen gegeneinander ausgespielt werden. Das klappt nur bedingt. Am Ende bleibt er ausgeschlossen. Dirk Schindelbeck, Sonett-liebhaber und berufsmäßig in der Historie zu Hause, kommt über das Sonett vom zu kleinen Handschuh zu tierischen Kantaten. Genial. Sarah Altenaichinger ist die Dritte in der Endrunde.
Als Interludium drei Stücke eines staugeplagen Nicolai Köppel, Liedermacher aus Heilbronn. “Ich verlieb Dich in mich“, abgelöst vom „Dafür kommst Du zu mir„ geht’s zur olfaktorischen Liebeserklärung an die begehrte Weiblichkeit: Duft von Wurst, Bratenfett, Duft von Pommes – huiiii. Dann der Gewinner: Stefan Unser wird zum Sieger geklatscht und die Prickelbrause samt Qietscheentchen des Hauptsponsors „Mach Blau“ aus Denzlingen, lassen das Publikum frenetisch toben. Poetry Slam. Gelungen als Format. Um mit Sokrates zu schließen: „Nur der ist weise, der weiß, daß er es nicht ist“. Schluß.

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Fotos: Ellen Schmauss

Quellen:

http://www.denzlinger-kulturwoche.de/Impressionen/

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