Bürgermeister Markus Hollemann
Rede zur Haushaltseinbringung am 12.01.2016
– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Auf den Bildschirmen, in den Magazinen und Zeitungen begleiten uns seit Monaten die Bilder von nicht endenden Flüchtlingsströmen. Aus Nordafrika und aus dem Nahen Osten sind Männer, Frauen und Kinder vor Terror und Unrechtsregimen sowie aus persönlichen Beweggründen auf der Flucht.

Dieser anhaltende Strom von Asylbegehrenden, die Unterbringung, Versorgung und Integration stellen die Bunderepublik, aber ebenso Europa, und dadurch unser Land, unseren Landkreis und unsere Gemeinde vor Herausforderungen mit geradezu historischem Ausmaß.

Ja, zu Recht drängt sich der Vergleich mit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiedervereinigung auf.

Ich bin überzeugt, dass sich noch in den kommenden Jahren die Politik auf allen Ebenen mit den Herausforderungen dieser Flüchtlingskrise beschäftigen wird. Außerdem werden verstärkt Fragen der inneren Sicherheit zu beantworten sein.

Wir haben erlebt und erleben, dass unsere Strukturen in den Verwaltungen, in den Sozialsystemen, im Asylrecht und in Kindergärten, Schulen und Betrieben nicht -noch nicht alle- fit sind für solche Extremsituationen.

„Wir schaffen das!“ – ich nehme unsere Kanzlerin beim Wort. „Liebe Denzlinger, nur gemeinsam!“ möchte ich ergänzen und bitte Sie herzlich um Ihr Mittun.

Die Frage „Wie konkret?“ stelle ich besser nicht, sagt doch unser Ministerpräsident: „Wir alle arbeiten im Krisenmodus und auf Sicht. Es gibt keinen Plan in der Schublade. Deshalb ist es eine Krise.“

Ich bin sicher, dass uns allen einige Veränderungen ins Haus stehen. Diese sind notwendig, um den Prozess der Integration vernünftig zu steuern.

Ich bin allerdings ebenso überzeugt, dass wir einige liebgewonnene Standards auf den Prüfstand stellen werden müssen.

Auch bei uns in der Gemeinde.

Doch noch ein kurzer globaler Ausblick: Der Klimawandel schreitet trotz großer Konferenzen nahezu unbegrenzt fort. Und ich male mir nicht aus, wenn zig Millionen von Klimaflüchtlingen auf der Suche nach einer neuen Heimat sind.

Steigt der Meeresspiegel, werden ganze Inselstaaten und Atolle wie die Malediven oder Papua Neuguinea verschwunden sein. Deren Regierungen haben bereits angefangen, einige Inseln zu evakuieren. Insgesamt leben allein rund sieben Millionen betroffene Einwohner nur bei den 22 Pazifik-Nationen. Über die Auswirkungen der dauerhaft überfluteten Landstriche von Bangladesch, Indonesien, Vietnam, Thailand aber auch der Niederlande möchte ich nun nicht reden. Aus meiner Sicht ist das, was wir gerade erleben nur ein kleiner Vorbote von dem, was uns noch erwartet.

Alles in Allem bin ich der Meinung, dass wir unseren Wohlstand in der uns bekannten Art und Weise nicht erhalten können.

Wenn ich mich an die Wiedervereinigung erinnere, dann hat auch diese viel Geld gekostet sowie eine Verschuldung nach sich gezogen.

Ob es gelingt, durch Wirtschaftswachstum und Steuermehreinnahmen die enormen Herausforderungen zu stemmen, weiß ich nicht.

Aus meiner Wahrnehmung ist das Ergebnis von Krisen oft, dass Leistungen reduziert werden.
Oder unsere Steuer- und Abgabenlast erhöht wird.

Dies gilt für die Bundesrepublik, wie den Landkreis als auch unsere Gemeinde.

Schauen wir nach vorne. Hoffen wir darauf, dass ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten rasch kommt. Ein Wiederaufbauprogramm wie der Marschall-Plan nach dem 2. Weltkrieg wird dringend notwendig.

Zugleich brauchen wir dringend ein Einwanderungsgesetz, um Flüchtlinge auf Dauer zu integrieren. Im März stehen einige Landtagswahlen an, auch bei uns in Baden-Württemberg.

Ich hoffe sehr, dass die Wähler daran denken, dass sie nicht nur darauf schauen, ob eine Partei oder Gruppierung gegen etwas ist oder sich kurzfristig eine Initiative oder Stimmung zu eigen macht, sondern dass in der Wahlkabine auch eine bewusste Entscheidung für einen Kandidaten, eine Kandidatin und eine Gruppierung getroffen wird, die langfristig gute Lösungen anbieten. Für Politikverdrossenheit gibt es aufgrund der vielen anstehenden Themen keinen Anlass!

Mit Blick auf den demografischen Wandel können sich Auswirkungen durch die neuen Einwohner ergeben, auch wenn nach Aussagen von Generations-Experten wie Prof. Bernd Raffelhüschen oder Prof. Meinhard Miegel der Trend zur Veralterung unserer Gesellschaft ungebrochen anhalten wird.

Meine Damen und Herren, wir sollten nicht zögern, die notwendigen Chancen in der Krise zu sehen und anzupacken.

Neben der großen Herausforderung der Integration der neuen Einwohner stehen wir vor der immens schwierigen Aufgabe, in möglichst kurzer Zeit viel Wohnraum zu schaffen.

Hier haben wir im Gemeinderat wegweisende Entscheidungen in den letzten Wochen und Monaten getroffen.

Die aktuelle Finanzsituation bereitet uns insofern Sorgen, als dass wir zum einen nicht wissen, was beim Thema Flüchtlingsunterbringung noch auf uns zu kommen wird, und zum anderen weil die Sozialausgaben weiter steigen.  Es erscheint derzeit fast unmöglich, Haushalte ausgeglichen zu gestalten. Unser Kämmerer Martin Ziegler wird nach mir, intensiv auf die Eckpunkte des Haushaltentwurfes für das Jahr 2016 eingehen.

Wir brauchen in den wirtschaftlich starken Regionen im Land und genauso in Denzlingen mehr Wohnungen für Sozialschwache und Obdachlose aber ebenso bezahlbaren Wohnraum für Familien, Singles und Alleinerziehende.

Erhebliche Mittel für gemeindeeigenen Wohnungsbau, den Kauf von Grundstücken sowie für Planungen und zur Realisierung von Baulanderschließung werden in diesem Haushalt zur Verfügung gestellt.

Für die Entwicklung neuer Wohngebiete im Gebiet Käppelematten und Unterm Heidach führte die Gemeinde unter Beteiligung vieler Bürger einen internationalen Ideen- und Realisierungswettbewerb durch.

Die Gewinner dieses Wettbewerbes, das Freiburger Architekturbüro Böwer, Eith, Murken zusammen mit den Züricher Stadtplanern Ammann Albers, sollen ihren Entwurf, der auf breite Zustimmung stößt, im Frühjahr weiter ausarbeiten und so die Planungen vertiefen.

In den nächsten 20-25 Jahren könnten bis zu 1000 Wohneinheiten und großzügige öffentliche Grünflächen entwickelt werden.

Welche Auswirkungen die Flüchtlingskrise auf den zeitlichen Horizont der Realisierung hat, ist heute noch nicht abzusehen.

Bis Ende dieses Jahres sollen laut Kreisverwaltung (zum jetzigen Kenntnisstand) etwa 330 Flüchtlinge in Denzlingen Obhut bekommen haben.

Der Denzlinger Gemeinderat hat letztes Jahr gemeindeeigenen Wohnungsbau, der vorübergehend von Asylsuchenden bewohnt wird, an fünf Standorten (Eisenbahnstr., Vörstetter Str., Berliner Str., Unterm Heidach/Stuttgarter Str., Roter Brühl) beschlossen.

Auf den Käppelematten an der Waldkircher Straße entsteht gerade eine Leichtbauhalle als Unterkunft des Landratsamtes für bis zu 80 Asylsuchende. Der Aufbau sollte gestern beginnen.

Mein Dank gilt den bereits aktiven Ehrenamtlichen beim Freundeskreis Asyl und allen, die bereits mit angepackt haben. Sie stehen den Flüchtlingen tatkräftig beim Erlernen der deutschen Sprache und in Fragen des täglichen Lebens bei.

Wer hilft mit, dass auch andere Mitbürger, die bereits heute mitten in Denzlingen leben und ebenso Wohnraum, Beistand sowie menschliche Nähe brauchen, unsere Solidarität erreicht?

Der Verwaltungshaushaltsentwurf 2016 hat ein Volumen von rund 26,647 Mio. € und kann einen gegenüber früheren Jahren einen geringen Überschuss in Höhe von nur 121.930 € erwirtschaften. Im Vermögenshaushalt sind Investitionen von rund 13,077 Mio. € vorgesehen.

Dass die zu erbringenden finanziellen Leistungen für Umlagen zudem steigen, darf ich ebenso erwähnen.

Ausdrücklich danke ich den Denzlinger Gewerbebetrieben für ihre erfolgreiche Arbeit, für ihre Steuer- und Abgabenzahlungen, für die Arbeitsplätze in Denzlingen und für ihr vielfaches Engagement für Denzlinger Belange wie z. B. Kulturwoche, Spenden und Sponsoring an Vereine und lokale Organisationen.

Ich danke ebenso allen Steuer- und Gebührenzahlern und allen, die sich in diesem Jahr für unsere Gemeinde eingesetzt haben, sowie all den vielen Ehrenamtlichen, die sich in sozialen, kulturellen, sportlichen oder kirchlichen Bereichen engagiert haben.

Ich nutze die Gelegenheit, um Ihnen, Herr Ziegler, und ihren Kollegen für die intensive Vorbereitung und Erstellung des Haushaltsplanentwurfes zu danken.

Mein herzlicher Dank gilt zugleich allen Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung für ihren Arbeitseinsatz und die erfolgreiche Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.

Ein großes Dankeschön an alle Mitglieder des Gemeinderats für die vielen konstruktiven Sitzungen und Gespräche – auch an ihre Familien, die viele Abende auf sie verzichten müssten.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen, gute Haushaltsberatungen.